Der Schwerbehindertenausweis
Der Schwerbehindertenausweis richtet sich, wie der Name schon sagt, an schwerbehinderte Personen, also Menschen, die für länger als sechs Monate in ihrer körperlichen, geistigen und/oder seelischen Gesundheit eingeschränkt sind. Dabei wird der Grad der Behinderung (GdB) in Zehnerschritten von 10 bis 100% klassifiziert. Ab 20% gilt eine Person als behindert, ab 50% als schwerbehindert.1 Eine Übersicht verschiedener Einschränkungen sowie des dazugehörigen GdB finden Sie hier.
Um einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten, muss der Wohnsitz und/ oder die Arbeitsstelle des Betroffenen in der Bundesrepublik Deutschland liegen und der GdB mindestens 50% entsprechen. Der Ausweis hat die Funktion nachzuweisen, dass man bestimmte Rechte und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen darf und erleichtert teilweise die Antragstellung bei Leistungen, die einen Ausweis nicht zwingend voraussetzen.
Neben einem besonderen Kündigungsschutz, Steuererleichterungen u.ä. unterscheiden sich die Rechte teilweise stark, je nach Art der Behinderung und des Wohnorts. Daher kann in diesem Rahmen nicht näher darauf eingegangen werden. Eine erste Übersicht finden Sie aber in dem „Ratgeber für Menschen mit Behinderung“, herausgebenden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Was bedeuten die Abkürzungen auf dem Ausweis? (sog. Merkzeichen)
Es können folgende Angaben vermerkt sein:
Vorderseite:
B+Satz: „Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen“
Rückseite:
aG: außergewöhnlich gehbehindert
H: hilflos
BI: blind
Gl: gehörlos
RF: Befreiung von der Rundfunkgebühr
Kl: Erlaubnis im Zug mit einem Ticket der Wagenklasse 2, Waggons der Wagenklasse 1 zu nutzen
Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt
VB/ EB: beziehen sich auf Kriegsschädigungen und deren Entschädigung2
Beantragung
Sie können entweder einen formlosen Antrag beim Versorgungsamt einreichen oder anrufen, woraufhin Sie das entsprechende Antragsformular zugesandt bekommen. Eine Übersicht der Versorgungsämter in Deutschland finden Sie hier. Sie können aber auch direkt das entsprechende Formular herunterladen. Die Anträge der Versorgungsämter finden Sie unter der Rubrik Formulare und Anträge. Um die Antragsbearbeitung zu erleichtern, können Sie bereits Arztbriefe, Entlassungsberichte u.ä. beifügen. Ein extra Gutachten beim Arzt sollten Sie jedoch nicht erstellen lassen, da dies voraussichtlich mit Kosten für Sie einhergeht. Da das Amt bei Bedarf beim jeweiligen Arzt nachfragt, müssen Sie Ihre Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Da er nach §100 SGB X zur Auskunft verpflichtet ist, entstehen Ihnen in dem Fall keine Auslagen. Dennoch sollten Sie Ihren Hausarzt bereits vorab über Ihre Antragstellung informieren. Bitten Sie ihn, nicht nur die jeweilige Diagnose zu verschriftlichen, sondern auch die damit einhergehenden Auswirkungen, da der GdB maßgeblich davon abhängt.3
Ab dem zehnten Lebensjahr muss der Ausweis mit einem Passbild versehen werden. Eine Ausnahme bilden Menschen, die das Haus gar nicht, oder nur mit Hilfe eines Krankenwagens verlassen können. In dem Fall wird vermerkt: „Ohne Lichtbild gültig“.
Der Ausweis muss nach fünf Jahren verlängert werden. Dies ist zweimal möglich, anschließend muss ein neuer Ausweis beantragt werden. Nur in seltenen Fällen erfolgt eine unbefristete Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises.
Sollte sich der Gesundheitszustand stark verändern, muss dies dem Versorgungsamt mitgeteilt werden, damit der Grad der Behinderung sowie ggf. die Merkzeichen angepasst werden können.4
Widerspruch
Falls Sie einen Ablehnungsbescheid erhalten haben, können Sie innerhalb von vier Wochen schriftlich Widerspruch beim Versorgungsamt einreichen. Es ist empfehlenswert, in diesem formlosen Schreiben zeitgleich um die Zusendung einer Kopie aller Unterlagen bzw. um Akteneinsicht zu bitten. Es ist nicht zwingend erforderlich, Ihren Widerspruch zu begründen, aber es ist auf jeden Fall anzuraten. Die Begründung können Sie später separat nachreichen, nachdem Sie alle Unterlagen vorliegen haben. In dem Fall kündigen Sie in Ihrem Widerspruchsschreiben an, dass Sie die Begründung zu einem späteren Zeitpunkt einreichen werden. Entscheidend ist, dass Ihr allgemeiner Widerspruch fristgerecht eingeht. Zur Absicherung sollten Sie diesen per Einschreiben mit Rückschein einsenden. Um Ihre Erfolgsaussichten einzuschätzen, sollten Sie vor dem Einreichen des Widerspruches Kontakt zu Ihrem Arzt und/oder der Schwerbehindertenvertretung und/oder einem Rechtsbeistand aufnehmen.
Wenn Ihrem Widerspruch stattgegeben wird, erhalten Sie anschließend einen (Voll- oder Teil-) Abhilfebescheid. Anderenfalls erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid, gegen den Sie vor dem Sozialgericht klagen können.
Klage vor dem Sozialgericht
Nach einem wiederholten Ablehnungsbescheid haben Sie gemäß §87 SGG vier Wochen Zeit, um eine Klage vor dem Sozialgericht einzureichen.6 Wenden Sie sich diesbezüglich an einen Fachanwalt. Übersteigen Ihre finanziellen Möglichkeiten das Beschreiten des gerichtlichen Weges, kann Prozesskostenhilfe beantragt werden. Den Antrag finden Sie hier. Möchten Sie sich erst einmal nur anwaltlich beraten lassen, können Sie zunächst Beratungskostenhilfe beantragen. Den Antrag finden Sie hier.
In diesem Video werden alle Informationen noch einmal in Gebärdensprache erläutert:
Quellen:
1Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen [Hrsg.]: Behinderung und Ausweis. Online verfügbar unter http://www.behindertenbeauftragte.de/DE/Themen/RechtlicheGrundlagen/BehinderungundAusweis/BehinderungundAusweis_node.html;jsessionid=9285673D6A85C1DE9F6620DF415B313A.2_cid330, zuletzt geprüft am 24.05.2016.
3Ege, R. (2003): Schritte auf dem Weg zum Schwerbehindertenausweis. Hg. v. BVP beim OSA Tübingen, Abt. Gymnasien.
2+4Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) (§§1-6) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1739), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 7. Juni 2012 (BGBl. I S. 1275) geändert worden ist.
5Hauptschwerbehindertenvertretungen beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden – Württemberg [Hrsg.] (o.J.): Schwerbehindertenausweis; Antrags- und Widerspruchsverfahren. Online verfügbar unter http://www.schwerbehindertenvertretung-schule-bw.de/,Lde/Startseite/Themen+_+Materialien/Schwerbehindertenausweis+_+Antrags_+und+Widerspruchsverfahren, zuletzt aktualisiert am 24.05.2016.
6Sozialgerichtsgesetz: (§87) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.1975 (BGBl. I S. 2535), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.04.2015 (BGBl. I S. 583) m.W.v. 22.04.2015
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