Der Umgang mit Ekel
Ekel ist ein zutiefst menschliches Gefühl, welches uns vor, für uns möglicherweise gefährlichen, Substanzen schützt. Vor allem im Rahmen einer Pflegebeziehung kann dieses Gefühl häufig auftreten, z. B. im Umgang mit Urin, Kot, Schleim oder Erbrochenem.
Durch dieses Gefühl wird die Pflegesituation für die beteiligten Personen stark erschwert, weshalb in diesem Artikel auf den Umgang mit Ekel eingegangen wird. Nicht zu vergessen ist, dass ein Ekelgefühl gegenüber einer Person in der Regel ein tiefes Schamgefühl bei dieser Person auslöst.
Ekel - ein ekelhaftes Gefühl
Ekel ist ein universelles, primäres Gefühl, was bedeutet, dass es jeder Mensch unabhängig vom Kulturkreis empfindet. Es wird bereits beim Säugling entwickelt und ist eng mit dem Geruchs- und Geschmackssinn verbunden. Dieser primäre Ekel ist nicht verlernbar, auch wenn Pflegekräfte das ungerne zugeben. Oft hört man Äußerungen wie: "Das macht mir gar nichts aus. Schließlich ist das mein Job." Vermutlich wird das Gefühl nicht eingestanden, da angenommen wird, dies würde als unprofessionell gewertet.
Doch auch bei pflegenden Personen ist der Reflex, vor ekelerregenden Situationen zu flüchten, verständlicherweise vorhanden. Da sie diesem Bedürfnis nicht nachgeben können oder dürfen, führt dies zu Frustration und langfristig sogar zu Aggressionen gegenüber dem Pflegebedürftigen. Wichtig ist es, Strategien für den Umgang mit Ekel zu kennen. Darüber hinaus existiert auch ein anerzogener Ekel, z. B. vor bestimmten genießbaren Lebensmitteln.
Ekel - was kann ich tun?
Als Erstes muss das Gefühl Ekel eingestanden werden, um anschließend über entsprechende Handlungsmöglichkeiten nachdenken zu können.
Praxistipps
1. Gute Pflege
Eine gut geplante und durchgeführte Pflege bildet die Basis, um Ekel bestmöglich entgegen zu wirken. Zum Beispiel können durch vorbeugende Maßnahmen Druckgeschwüre und damit unangenehme Wunden vermieden werden, ausreichend Flüssigkeit lässt den Urin weniger stark riechen und durch Kontinenztraining kann eine Inkontinenz gut in den Griff bekommen werden.
2. Schutz
Um die unangenehme Situation erträglicher zu gestalten, sollten ekelreduzierende Hilfsmittel wie Handschuhe oder Desinfektionsmittel griffbereit stehen. Auch die Nutzung von Pflegeschaum hat sich bewährt, da dieser zum einen angenehm duftet und zum anderen durch den Schaum die Optik verbessert. Sollte die Situation unerwartet eintreten und Sie überfordern, verlassen Sie kurz das Zimmer.
Um die Gefühle des Pflegebedürftigen nicht zu verletzen, kaschieren Sie Ihr Verschwinden mit einem Vorwand, z.B. noch etwas holen zu müssen. Bei der Benutzung von wiederverwendbaren Nierenschalen oder Steckbecken empfiehlt es sich, diese vor der Benutzung mit Papier auszulegen, da sich der Inhalt anschließend schneller und einfacher entsorgen lässt. Dies erleichtert die Reinigung der Hilfsmittel.
Ebenso hilft lüften und eventuell ein Raumspray, um unangenehme Gerüche zu vertreiben. Um die Gefühle des Pflegebedürftigen nicht zu verletzen, wäre ein Duftspray, welches man dezent bedienen kann (durch Drücken) oder das kontinuierlich tätig ist, empfehlenswert. Den Geruch müssen aber alle Beteiligten mögen.
3. Perspektivwechsel
In der Akutsituation kann es hilfreich sein, sich vollständig auf die Durchführung einer bestimmten Pflegetechnik oder ähnliches zu konzentrieren. Hierdurch rücken belastende Gefühle in den Hintergrund. Unbewusst wird dieser Umgang von vielen Pflegepersonen praktiziert. Um aber die angesprochene Frustration zu vermeiden, ist entscheidend, dass Ekel grundsätzlich wahrgenommen wird. Dieser Perspektivwechsel wird also ganz bewusst als kurzfristige Strategie verstanden, um der Situation gerecht zu werden.
4. Erholung
Sofern möglich, sollte nach der Situation eine Ruhezeit folgen. Trinken Sie einen Kaffee, lesen Sie Zeitung, gehen Sie spazieren und/oder duschen. Tun Sie, was Ihnen gut tut. Es ist wichtig, sich nach der Belastung die Zeit zur Bewältigung zu nehmen, auch wenn dies in der Häuslichkeit nicht immer realisierbar ist. 1
Wie gehen Sie mit Ekel um? Schreiben Sie Ihre Erfahrungen in den Kommentaren und teilen Sie Ihre Strategien mit anderen.
Quelle:
1Pernlochner-Kügler, C. (2004): Ekel in der Pflege. Über den gesunden Umgang mit ungesunden Substanzen und einem negativen Gefühl. Hg. v. assista Soziale Dienste GmbH.
Michelle Pollak meint
Ich finde alles, was hier steht zwar interessant, aber da fehlen noch einige Abteilungen, wie zum Beispiel die Wahrnehmung.
Peggy Zimmermann meint
Das haben Sie völlig recht und ich werde den Hinweis gerne bei der Überarbeitung des Artikels berücksichtigen.
Manuela Hahn meint
Was wenn man sich grundsätzlich ejelt weil der Mitbewohner(Vater 84) sich nach der Toilette nie die Hände wäscht. Oder tagelang das gleiche Taschentuch aus Stoff benutzt, oder nie seine Zähne putzen mag….. Einem dann aber nahe kommt, alles anfässt. Ich bin so gestresst.
Klara Fischer u. Antje Willi meint
Indem ich selber eklig bin (oder werde), fällt es leichter mit anderen in ähnlichen Ekelsituationen solidarisch zu sein.
Ekel vor sich selbst zu empfinden, bleibt jedoch „extrem“ und ist ausschließlich als experimentell und nicht von Dauer zu verorten. Dieser Ekel hilft zu relativieren und besser zu verstehen, worauf es meiner Meinung nach wirklich ankommt.