Vertragsabschluss durch Pflegebedürftige
Widerspruch
Nicht selten kommt es vor, dass pflegende Angehörige die zu versorgende Person in ihrer Wohnung besuchen und feststellen, dass diese verschiedene Verträge (z. B. Versicherungen) abgeschlossen hat. Die Frage ist, wie Sie aus diesen Verträgen wieder herauskommen.
Bekommen Sie vom Vertragsabschluss zeitnah mit, können Sie eventuell vom Widerrufsrecht Gebrauch machen. Gemäß §355 BGB können Verbraucher binnen 14 Tage vom Vertrag zurücktreten. Sie sind somit nicht mehr an Ihre Willenserklärungen gebunden. Eine Begründung muss nicht angegeben werden. Die Frist beginnt mit dem Vertragsabschuss und endet mit der Absendung des Widerrufs. Bis dahin erhaltene Leistungen sind unverzüglich zurückzugeben.
Dieses Widerrufsrecht gilt für Verträge, denen per Gesetz ein solches Recht zugesprochen wird.1 Darunter fallen folgende Vertragsformen: Fernabsatzverträge (Ausnahme: Softwaredownload), Haustürgeschäfte, Teilzeit-Wohnrechteverträge, Versicherungsrecht, Darlehensverträge und Ratenlieferungsverträge. Sollte der Vertrag bei einem Unternehmen im europäischen Ausland abgeschlossen worden sein, gilt auch hier dieselbe Frist.
Wichtig ist, dass das Unternehmen den Kunden mittels einer Widerrufsbelehrung auf sein Recht hingewiesen hat. Sollte dies unterblieben worden sein, verlängert sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr.2
Formulierungshilfe: Widerspruch
Widerrufsbelehrung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Bezug nehmend auf § 355 BGB mache ich von meinem Widerrufsrecht Gebrauch und trete hiermit fristgerecht vom, am [Datum] geschlossenen, Vertrag zurück. Die bereits erhaltenen Waren lasse ich Ihnen anbei/schnellstmöglich zukommen. Bitte bestätigen Sie mir die Kenntnisnahme meines Vertragsrücktrittes schriftlich. Vielen Dank.
Geschäftsunfähigkeit
Erfahren Sie vom Vertragsabschluss erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist, kann der Vertrag gekündigt werden, sofern Sie nachweisen, dass die abschließende Person zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig war. Die Beweislast liegt bei Ihnen. Reichen Sie bei dem Vertragspartner ein ärztliches Attest ein, das die Geschäftsunfähigkeit bestätigt. Bei demenziell erkrankten Personen ist anzuraten, dieses Attest bereits vorsorglich einzuholen, d.h. bevor es zu möglichen Vertragsabschlüssen kommt.
Geschäfte des täglichen Lebens
Von der festgestellten Geschäftsunfähigkeit unberührt bleiben die sogenannten Bagatellgeschäfte (z.B. Lebensmittel).3 Daraus folgt, dass die erkrankte Person weiterhin zehn Tüten Milch und 20 Stücke Butter kaufen darf. In diesem Fall können Sie nur das Gespräch mit dem Einkaufsladen suchen und hoffen, dass sie die Produkte aus Kulanz zurücknehmen.
Quellen:
2Aboalarm GmbH [Hrsg.] (2014): Widerrufsrecht: Wann kann ich einen Vertrag widerrufen? Online verfügbar unter http://meine-kuendigung.de/widerrufsrecht/, zuletzt aktualisiert am 30.05.2014, zuletzt geprüft am 14.07.2015.
3Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [Hrsg.]: Menschen mit Demenz. Geschäftsfähigkeit. Online verfügbar unter https://www.wegweiser-demenz.de/informationen/rechte-und-pflichten/menschen-mit-demenz/geschftsfaehigkeit.html, zuletzt geprüft am 14.07.2015.
1Bürgerliches Gesetzbuch (§355) in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909, 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.04.2015 (BGBl. I S. 610) m.W.v. 28.04.2015 bzw. 01.06.2015.
Bild: Peggy Zimmermann(04.09.2015), ohne Titel V
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