Inkontinenzmaterial richtig anlegen

Allgemein

• Um die Einlage zu entsorgen empfiehlt es sich einen kleinen Mülleimer in Reichweite stehen zu haben. Lassen Sie die Müllbeutelrolle direkt am Müllbeutel hängend am Eimerboden liegen und reißen Sie die Rolle bei Entsorgung des Beutels ab. So sparen Sie sich, jedes mal neue Müllbeutel zu holen.
• Bevor Sie das Produkt in Gebrauch nehmen, falten Sie es einmal in der Länge. Hierdurch wird der Saugkern aktiviert und die Aufnahmekapazität erhöht. 
  Achtung
  Das Ausschütteln des Produktes führt zu einer gegenteiligen Wirkung.
• Um Harnwegsinfektionen zu vermeiden, legen Sie das Produkt immer von vorne nach hinten an.
• Verwenden Sie immer nur ein Produkt. Das Einlegen von zusätzlichen Einlagen führt zu einer hohen Rücknässe, was die Haut schädigen kann. Zudem entsteht ein Hitzestau und der Tragekomfort ist massiv eingeschränkt.
• Wechseln Sie das Produkt bei Urin entsprechend des Nässeindikators. Diesen finden Sie auf der Außenfolie als gestrichelte Linie. Sobald der Indikator mit Feuchtigkeit in Verbindung kommt verläuft er. Ein Produktwechsel ist angezeigt, wenn der Indikator bis zum Hüftbund verlaufen ist.
• Beim Anlegen darauf achten, dass der Nässeindikator in Verlängerung der Wirbelsäule anliegt.
• Bei Inkontinenzslips Klebestreifen nie direkt auf dem Vlies befestigen und immer den gesamten Klebestreifen, einschließlich der blauen Folie, festkleben. Diese Folie erlaubt Ihnen später ein Öffnen und erneutes Verschließen des Produktes.

Vorlage

Im Stehen

• Ziehen Sie die Netzhose im Sitzen über die Beine, sodass Sie diese später nur noch hochziehen müssen.
• Nun stellt sich die betroffene Person hin und hält sich z.B. am Waschbecken fest.
• Nehmen Sie die gefaltete Vorlage und legen Sie diese durch die Beine von vorne nach hinten. Der größere Teil gehört nach hinten.
• Breiten Sie die Vorlage am Gesäß mit beiden Händen aus und achten Sie auf einen korrekten Sitz.
• Nun ziehen Sie die Netzhose hinten hoch.
• Anschließend wird die Vorlage vorne ausgebreitet. Wichtig ist, dass die Vorlage in der Leiste gut anliegt, damit ein Auslaufen verhindert wird und der Tragekomfort erhöht ist.
• Netzhose vorne hochziehen.

Im Liegen

• Den Betroffenen in die Seitenlage drehen und die Netzhose auf der oberen Seite nach unten ziehen.
• Nun die benutze Vorlage nach hinten herausziehen und am besten direkt in einen nahestehenden Mülleimer entsorgen.
• Anschließend die neue Vorlage von vorne nach hinten einlegen, um die Übertragung von Keimen aus dem Analbereich zu vermeiden.
• Breiten Sie die Vorlage am Gesäß mit beiden Händen aus und achten Sie auf einen korrekten Sitz.
• Nun ziehen Sie die Netzhose hinten hoch.
• Die Person wieder auf den Rücken drehen.
• Anschließend wird die Vorlage vorne ausgebreitet. Wichtig ist, dass die Vorlage in der Leiste gut anliegt, damit ein Auslaufen verhindert wird und der Tragekomfort erhöht ist.
• Netzhose vorne hochziehen.
• Achten Sie darauf, dass der Nässeindikator im Schritt gut sichtbar ist. Manchmal kann es passieren, dass dieser in einer nach innen gekehrten Falte verschwindet. In diesem Fall die Vorlage noch einmal nachpositionieren.¹
  

Inkontinenzslip

Im Stehen

• Die betroffene Person stellt sich hin und hält sich z.B. am Waschbecken fest.
• Nehmen Sie den gefalteten Slip und legen Sie diesen von vorne nach hinten durch die Beine. Der Teil, an dem die Klebestreifen befestigt sind, gehört nach hinten.
• Den vorderen Teil halten Sie mit einer Hand fest, den hinteren Teil halten Sie durch Ihren Körper in Position.
• Kleben Sie auf beiden Seiten jeweils den unteren Klebestreifen fest. Achten Sie dabei darauf, dass diese immer schräg nach oben befestigt werden.
• Anschließend kleben Sie die oberen Klebestreifen fest.
• Wichtig ist, dass die Vorlage in der Leiste gut anliegt, damit ein Auslaufen verhindert wird und der Tragekomfort erhöht ist.²

Alternative im Sitzen

• Der gefaltete Slip wird so auf der Sitzfläche positioniert, dass sich die Beinausschnitte auf Höhe der Sitzkante befinden.
• Nun setzt sich die betroffene Person auf das Produkt und zieht den vorderen Teil vorne nach oben, so dass das Produkt gut in der Leistengegend anliegt.
• Wieder wird die Vorderseite mit einer Hand festgehalten, während die andere Hand auf beiden Seiten die unteren Klebestreifen befestigt. Achten Sie dabei darauf, dass diese immer schräg nach oben geklebt werden.
• Anschließend wird der Slip noch einmal nach oben gezogen, bevor die beiden oberen Streifen festgeklebt werden.
• Gegebenenfalls kann der Sitz in der Leiste mit dem Finger noch korrigiert werden.³

Im Liegen

• Produkt öffnen und die betroffene Person in die Seitenanlage drehen.
• Den benutzen Slip nach hinten herausziehen und am besten direkt in einen nahestehenden Mülleimer entsorgen.
• Das neue Produkt von vorne nach hinten durch die Beine anlegen und am Gesäß auffalten.
• Untere Seite des Slips unter den Körper schieben.
• Person zurück in die Rückenlage drehen und Vorderseite auseinanderfalten.
• Kleben Sie auf beiden Seiten jeweils den unteren Klebestreifen fest. Achten Sie dabei darauf, dass diese immer schräg nach oben befestigt werden.
• Anschließend kleben Sie die oberen Klebestreifen fest.
• Wichtig ist, dass die Vorlage in der Leiste gut anliegt, damit ein Auslaufen verhindert wird und der Tragekomfort erhöht ist.⁴

Praxistip

In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass Urin am Bauch oder Rücken ausläuft. Um dies zu vermeiden, schlagen Sie den oberen Rand des Produktes nach innen ein.⁵

Finanzierung

Da es sich um Hilfsmittel handelt, ist die Krankenkasse für die Finanzierung zuständig. Hierbei hat sie die Wahl zwischen Monatspauschalen und sog. Festbeträgen.

Festbeträge

Die Krankenkasse zahlt für ein Produkt einen bestimmten Maximalbetrag. Möchten Sie ein anderes Produkt nutzen, müssen Sie die darüber hinausgehenden Kosten selbst tragen (wirtschaftliche Aufzahlung). Dafür entfällt die Eigenbeteiligung. Folgende Festbeträge gelten^6:

Produktbezeichnung	Festbetrag (pro Stück)
Saugende Inkontinenzvorlagen (inkl. Netzhosen)
Anatomisch geformte Vorlagen, normale Saugleistung, Größe 1	0,29 €
Anatomisch geformte Vorlagen, erhöhte Saugleistung, Größe 2	0,35 €
Anatomisch geformte Vorlagen, hohe Saugleistung, Größe 3	0,43 €
Rechteckvorlage, Größe 1	0,19 €
Rechteckvorlage, Größe 2	0,23 €
Vorlagen für Urininkontinenz	0,21 €
Netzhosen, Größe 1 und 2	0,79 €
Saugende Inkontinenzhosen
Inkontinenzhosen, Größe 1	0,49 €
Inkontinenzhosen, Größe 2	0,51 €
Inkontinenzhosen, Größe 3	0,69 €

Monatspauschalen

Hier gibt es zwei Modelle:

Ausschreibung: Die Krankenkasse schreibt die Versorgung mit dem Hilfsmittel aus und die Leistungsanbieter reichen ihre Angebote ein. Die Monatspauschalen liegen krankenkassenabhängig bei Beträgen zwischen 13 und 18 Euro.

Beitrittsverträge: Die Krankenkasse schließt mit einzelnen Leistungsanbietern einen Vertrag und weitere Leistungsanbieter können diesem Vertrag unter den gleichen Konditionen beitreten. Die Monatspauschalen liegen krankenkassenabhängig bei Beträgen zwischen 22 und 27 Euro.

Darüber hinausgehende Kosten muss der Versicherte selbst tragen.⁷

Verordnung

Damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt, müssen Sie sich eine Verordnung bei Ihrem Arzt besorgen. Wichtig ist dabei, dass der Arzt für die Verordnung eine der drei folgenden Begründungen anführt:

• Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen (Einkaufen gehen, Kinobesuch etc.)
• Behandlung einer Erkrankung, z. B. Dekubitus oder Schlaganfall
• Vorbeugung bei schweren Funktionsstörungen, z. B. Hautdefekte vermeiden bei Demenz⁸

Verordnungen werden immer häufiger genau geprüft, da sie aus ärztlicher Sicht unbegrenzt verschrieben werden können.  Für den Arzt gibt es kein beschränktes Hilfsmittelbudget – ein Umstand, der selbst vielen Ärzten nicht bekannt ist.  Um Probleme bei der Anerkennung zu vermeiden, sollten auf dem Rezept daher möglichst folgende Angaben nicht fehlen:

• Diagnose
• Genaue Bezeichnung des Produktes inkl. Hilfsmittelnummer Verordnungszeitraum (max. 3 Monate im Voraus)
• Stückzahlangabe für den Zeitraum
• 7 für Hilfsmittel ankreuzen⁹
• aut idem (= das Gleiche) ankreuzen, da Sie anderenfalls nur genau das aufgeschriebene Produkt erhalten
• Begründung (s.o.)

Wenn Sie ein Produkt gefunden haben, mit dem Sie gut zurechtkommen, lohnt sich auch die Ausstellung eines Dauerrezeptes. In dem Fall wäre der Verordnungszeitraum auf 6-12 Monate erweitert. Sprechen Sie in dem Fall allerdings vorher mit Ihrer Krankenkasse. Sollten Sie auf Widerstand stoßen, können Sie argumentieren, dass die Behandlungskosten sinken, da ein Arztbesuch nur ein- bis zweimal jährlich abgerechnet werden muss.

Die Einlösung des Rezeptes darf nur bei zugelassenen Leistungserbringern erfolgen. Eine Liste erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse. Für den Fall, dass die in Ihrer Nähe keinen Versorger finden, informieren Sie Ihre Krankenkasse, da diese die Versorgung sicherzustellen hat.¹⁰

Lesen Sie ergänzend auch den Artikel Urininkontinenz, in dem Sie weitere Informationen zu Themen, wie etwa Hautpflege, Toilettentraining und Produktauswahl erhalten.

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Quellen:
⁹AAA Abrechnung aktuell (2002): Was Sie bei der Verordnung von Inkontinenz-Hilfsmitteln beachten sollten. In: AAA Abrechnung aktuell (2), S. 1.
⁶AOK Bundesverband et al. (01.01.2007): Festbeträge für Inkontinenzhilfen, vom 23.10.2006.
⁷ Bundesverband Medizintechnologie e. V. [Hrsg.](2015): Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel. Zahlen, Daten, Fakten. Berlin.
¹⁺²⁺⁴PAUL HARTMANN GmbH [Hrsg.] (o. J.): Inkontinenz? Professionelle Tipps für die Pflege zu Hause! Wiener Neudorf.
³⁺⁵Selbsthilfeverband Inkontinenz e.V. [Hrsg.] (2014): Hilfsmittel und Rezepte - Das "Windelrezept". Online verfügbar unter http://www.selbsthilfeverband-inkontinenz.org/svi_suite/svisuite/tipps_rezept.php, zuletzt aktualisiert am 28.10.2014, zuletzt geprüft am 13.07.2015.
⁸⁺¹⁰Selbsthilfeverband Inkontinenz e.V. [Hrsg.] (2015): Inkontinenzslips - Windelslips - Windeln. Online verfügbar unter http://www.selbsthilfeverband-inkontinenz.org/svi_suite/svisuite/windeln.php, zuletzt aktualisiert am 17.01.2015, zuletzt geprüft am 13.07.2015.
Bild: Peggy Zimmermann(23.09.2015), ohne Titel IV